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Das Konzept

Die Beschäftigung mit und der Bau von eigenen digitalen Musikinstrumenten begeistert Kinder und Jugendliche auf spielerische Weise für MINT-Fächer. Während sie aus elektronischen Bauteilen ein klangerzeugendes Gerät, also ein Musikinstrument kreieren, erlernen sie automatisch und unkompliziert notwendiges Wissen aus Mathematik, Physik und Informatik.

Projektbeschreibung

Das Projekt Sparkling Instruments beschäftigt sich mit der spielerischen Gestaltung und technischen Entwicklung digitaler Musikinstrumente. Drei Gruppen von SchülerInnen, davon eine reine Mädchengruppe, probieren zunächst vorhandene Instrumente und Musikspiele aus. Danach werden von den SchülerInnen in einer Reihe von Workshops mit MusikerInnen, Spiel-DesignerInnen und Musiktechnik-ExpertInnen spielerische Interaktionsformen mit Musik gestaltet und technisch in Form von Instrumenten umgesetzt. Bei einer abschließenden von den SchülerInnen gestalteten öffentlichen Veranstaltung werden diese Instrumente der Schulgemeinschaft und der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Ziel ist ein Brückenschlag zwischen Kunst und Technik. In diesem stark interdisziplinären Kontext soll gleichzeitig das Verständnis für neue Formen des Musikmachens zu verbessert und das Interesse für die am Bau von digitalen Musikinstrumenten involvierten MINT-Fächer wie Informatik und Physik geweckt bzw. vertieft werden. Ein spezieller Schwerpunkt ist das Fördern des Interesses von Mädchen an MINT-Fächern. 

Abb. 1: Die Schüler beim Löten und Bauen ihrer eigenen digitalen Musikinstrumente bei den Workshops in der Schule, um ihr Interesse an MINT-Fächern spielerisch zu fördern.

English: Project Description

The project Sparkling Instruments deals with the playful design and technical development of digital music instruments. Three groups of secondary school students, among them one girls-only group, start with trying out existing instruments and music games. Then the students create playful possibilities to interact with music in a series of workshops with musicians, game designers and music technology experts, and implement them technically in the form of digital music instruments. A closing public event is organized by the participating school students, where these instruments are presented to the school community and the public. The aim is to bridge the gap between art and technology. In this highly interdisciplinary context, to improve the understanding of new forms of music making is a goal just as increasing interest in STEM subjects such as computer science and physics, which are involved in the construction of digital musical instruments. A special focus is fostering the interest of girls in STEM subjects.

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 36 Schüler im Alter von 15 und 16 Jahren ein Schuljahr lang am Projekt und zahlreichen Workshops teil. Viele lernten eine für sie völlig neue Welt des Musikmachens kennen und gleichzeitig praktische Fertigkeiten, wie etwa Löten von Schaltkreisen zur Klangerzeigung. Neben den schulöffentlichen Aufführungen wurde eine eigene Unter 18-Schiene beim internationalen Waves Music Hackday 2018 in Wien veranstaltet, um Kinder und Jugendliche aller Altersklassen für Musiktechnologie zu begeistern.

Schulunterricht: Selbst gebaute Musikinstrumente

Die 36 Schüler haben über ein ganzes Schuljahr Wissen über digitale Musikinstrumente erarbeitet, selbst solche gebaut und am Ende gemeinsam ein Konzert gegeben. Die Schüler waren in drei Gruppen unterteilt wobei eine Gruppe aus methodischen Gründen rein aus Mädchen bestand. Alle probierten zunächst vorhandene digitale Instrumente und Musikspiele aus. Danach wurden von den Schülern in einer Reihe von Workshops eigene Musikinstrumente gebaut. Dabei lernten die Schüler elektrische Bauteile kennen, löteten diese auf eine eigens für das Projekt entwickelte Platine und fertigten mit einem 3D-Drucker eigene Gehäuse an. Bei einer abschließenden von den Schülern gestalteten öffentlichen Aufführung wurden diese Instrumente der Schulgemeinschaft und der Öffentlichkeit vorgestellt. Insgesamt entstanden nach dem Schuljahr 20 unterschiedliche digitale Musikinstrumente, die alle auf verschiedene Weise spielbar sind und klingen.

Abb. 2: Vier verschiedene fertig spielbare Instrumente als Beispiel v.l.n.r: (1) aus Holz gefertigtes Gehäuse und ein Mikrofon für die Stimme als Hauptklangquelle. (2) ein Handschuh als Basis mit selbst eingenähtem leitfähigen Draht an den Fingerspitzen zur Klangmanipulation. (3) Bei diesem Instrument lag der Schwerpunkt des Gestalters auf der Ästhetik des Gehäuses und einer robusten Manipulation. (4) Beim vierten Instrument verwendete die Erbauerin Alufolie als Taster und zusätzliche Drehregler, um eine innovative Spielart mit den Fingern zu ermöglichen.

Lern- und Lehrmittel: Elektronikbaukästen für digitale Musikinstrumente

Für die konkrete Arbeit an und mit digitalen Musikinstrumenten sind unterschiedliche Materialien und Hilfsmittel notwendig, die üblicherweise nicht zur Grundausstattung einer allgemein bildenden höheren Schule gehören. Aus diesem Grund wurden für das Projekt Elektronikbaukästen entwickelt, um überhaupt erst die Arbeit mit digitalen Musikinstrumenten in den Workshops zu ermöglichen. Diese Elektronikbaukästen verbleiben nach dem Projekt auch in der Schule, um so eine Nachhaltigkeit für den zukünftigen Unterricht zu gewährleisten.

Für die Elektronikbaukästen selbst wurden zum einen Werkzeug, wie etwa Lötstationen oder Abisolierzangen und zum anderen Verbrauchsmaterial, wie Draht oder Widerstände angeschafft. Ein essentieller Teil der Elektronikbaukästen war außerdem die 40106-Platine, die eigens für das Projekt adaptiert wurde und im folgenden näher beschrieben wird.

Der CMOS IC CD 40106-Chip (40106 Hex Schmitt Trigger Breakout Board) erfreut sich in Sound und Audio Do-it-yourself- und Hacking-Kreisen, wegen seiner einfachen Handhabung und vielseitigen Einsatzmöglichkeiten großer Beliebtheit und hat in dieser eine lange Tradition. Er wird zum Beispiel in Nicolas Collins Buch “Handmade Electronic Music” hinreichend behandelt.

Die Entwicklung einer Schaltung erfolgt meistens auf einem Breadboard, denn dieses lässt schnelle Anpassungen zu, ist aber für einen zuverlässigen Gebrauch der Schaltung als eigenständiges Musikinstrument nicht verlässlich genug. Deswegen werden fertige Schaltungen auf Lochrasterplatine übertragen und durch Löten fixiert oder aus der Schaltung eine eigene Platine entwickelt. Der Übertragungsprozess auf Lochrasterplatine ist für Personen mit wenig Erfahrung im Bereich der Elektronik mühsam, unübersichtlich und dadurch fehleranfällig und deswegen gerade für Workshops mit AnfängerInnen eher ungeeignet (zumindest bei, für AnfängerInnen, komplexeren Schaltungen). Das Zeichnen und Produzieren eigener Platinen wäre auch mit AnfängerInnen durchaus möglich ist aber relativ zeitaufwendig. In beiden Fällen würde bei ein- bis zweitägigen Workshops wesentliche Zeit für die Entwicklung der Schaltung an sich statt für die Beschäftigung mit dem Klang, dem eigentlichen Ziel eines digitalen Musikinstruments, aufgewendet werden.

Um Sound- und Musikinteressierten Elektronik-AnfängerInnen in Workshops die Möglichkeit zu geben sich verstärkt auf die Entwicklung des Sounds ihrer Schaltung konzentrieren zu können wurde von Robert Zimmermann und Paul-Reza Klein (beide Lehrende im Studio Praxistest, Abteilung für Kunstpädagogik, Universität für angewandte Kunst) eine Platine entwickelt, die den Prozess des Übertragens der Schaltung in eine gelötete Form stark vereinfacht. Diese Platine ist so konzipiert, dass sie sich nahtlos in ein vom Studio Praxistest entwickeltes, auf Sound und Kunstvermittlung fokussiertes elektronisches Baukastensystem einfügt. Das gesamte System wurde mit dem Ziel entwickelt einen möglichst freudvollen einfachen und kostengünstigen Einstieg in den Bereich der (Audio-)Elektronik zu bieten und dabei sowohl als Lern- aber auch als Lehrmittel im Schulbereich zu funktionieren.

Die vom Studio Praxistest entwickelte 40106-Platine wurde für die Workshopreihe von Stefan Voglsinger (Setzkasten Wien) intensiv getestet und auf Grundlage seiner Erfahrungswerte von Robert Zimmermann und Paul-Reza Klein für das Forschungsprojekt gezielt überarbeitet und optimiert worden.

Abb. 3: Die speziell für die Elektronikbaukästen entwickelte 40106-Platine: Die Vorderseite (li.), die Rückseite (mi.) und mit aufgelöteten Bauteilen (re.) als einfaches digitales Musikinstrument.

Project Team

Univ.Prof. DI Dr. Fares Kayali is a researcher, educator and designer living and working in Vienna, Austria and PI of the project. His research interests are situated in informatics, didactics, arts  and HCI with a broad spectrum covering game design and gamification, health care technology, music computing and interactive art, as well as teacher education and game-based learning. Fares has completed his habilitation in “Game Design and Education” at the University of Applied Arts Vienna and works as a senior postdoctoral researcher at the Institute of Design and Assessment of Technology at the Vienna University of Technology. There he is co-founder of the Positive Impact Games Lab (http://piglab.org) and principal investigator of this project and the art-based research project “Breaking the Wall - Playful interfaces for Music Audience Participation”. Fares Kayali  lectures at several Austrian universities and has presented his work in highly regarded academic publications and conferences such as CHI, DiGRA, GDC, GLS, Ars Electronica, Games for Health, Games for Change and Entertainment Computing. His works have won or been nominated for high-profile awards such as IndieCade, the Independent Games Festival, Europrix, eAward and Occursus.

Univ.-Ass. DI Dr. Oliver Hödl holds a PhD awarded by the Vienna University of Technology. Currently, he works as a multi-disciplinary researcher and artist with an interest in Human Computer Interaction (HCI), interactive and collaborative music making and multimedia art. He is a research fellow at the research group Cooperative Systems at the University of Vienna and the Institute for Design and Assessment of Technology at the Vienna University of Technology.
In research, he focuses on interaction design, user experience, art-based research approaches, and using HCI-related qualitative and quantitative research methods. His newly developed music instruments and interactive concerts have led to performances throughout Europe, USA and Australia. Furthermore, he has worked on research projects around game design, urban mobility, safety and disaster solutions, and healthcare IT.
He was awarded for a Best Paper at the ACHI conference in Barcelona in 2014 for his new gestural music instrument Trombosonic and received an Honorable Mention at the CHI conference 2016 in San Jose for Salome Experience, an interactive opera-streaming project. In relation to research grants, he successfully applied for FWF PEEK in 2014 to fund the first art-based research project led by the Vienna University of Technology.

Prof. Dr. Peter Purgathofer is associate professor at the Institute of Design and Assessment of Technology at Vienna University of Technology. His research is focussed around questions of design and technology, with game design and positive impact games as one of the major focus areas. He is coordinator for the media informatics bachelor and master curriculum. He teaches core bachelor corses in informatics and society and in HCI, as well as a number of master level courses on explorative design, gameful design and related areas.

Prof. Dr. Peter Reichl has been studying mathematics, physics and philosophy in Munich and Cambridge (UK). After finishing his PhD studies in Computer Science at RWTH Aachen and ETH Zurich, he became Key Researcher at FTW Telecommunications Research Center Vienna, Austria, where he was responsible for the research area "User-centered Interaction and Communication Economics". Dr. Reichl has published more than 100 journal and conference papers in the areas of telecommunication economics, user perception of telecommunication services and Quality-of-Experience, next generation networks, and future mobile networks and services. Following his habilitation at TU Graz, he became holder of the SISCOM and RBUCE WEST International Research Chairs on "Network-based Information and Communication Ecosystems" (NICE) at Université Européenne de Bretagne/INRIA/Télécom Bretagne in Rennes, France. In 2011, Peter Reichl was appointed Professor for Networking Technology at Aalto University Helsinki, Finland, and since 2013 he is Full Professor for Computer Science and head of the Research Group “Cooperative Systems (COSY)” at the University of Vienna.

Dipl.-Ing. Christian Löw graduated from the Faculty of Informatics, Vienna University of Technology, in 2016 with distinction (Master’s programme: Media Informatics, Bachelor’s programme: Media Informatics and Visual Computing) with a thesis on the usage practice and design aspects of Electronic Health Record Systems. Previously, he has been affiliated with Vienna University of Technology as teaching and student assistant and FTW Telecommunications Research Center Vienna as research assistant.
Since 2015, Christian Löw is involved in research projects at the Cooperative Systems Group of the Faculty of Computer Science at the University of Vienna, at first with the ›PREventive Care Infrastructure based On Ubiquitous Sensing‹ (PRECIOUS) project and subsequently as Research/Teaching Assistant (Univ.-Ass.) and PhD Student. Interests revolve around user research methods and methodology, aspects of design and assessment of technology as well as participatory/co-design processes in the context of Human Computer Interaction (HCI), Ubiquitous Computing and Computer Supported Cooperative Work (CSCW). Further areas of interests are Quality of Experience and techno-economics.

Mag. Paul-Reza Klein is a school teacher and university lecturer specialized in interdisciplinary, cross-institutional technology transfer in the fields of digital technologies and new media. Currently teaching at the University of Applied Arts Vienna and AHS G11 Geringergasse, he is also working as a freelance consultant and designer. At G11 Geringergasse, he teaches Art and Design, Crafting and Multimedia. The latter is an elective course with the focus on media art and technologies. His work as a teacher is deeply influenced by the constant knowledge and experience exchange between university and school. One of the main objectives of his work at G11 Geringergasse is to adapt the structures of the university workshop to the requirements of the school and to implement the curriculum of the lab. The goal is to ease the accessibility of digital/analogue electronics and rapid prototyping and to broaden the understanding of the underlying technologies and principles of technology-driven media production. Further responsibilities include establishing co- and team-teaching practices, strengthening the interdisciplinary culture of the school and the exchange with university partners as well as offering tech support to students and teachers.

Mag. Stefan Voglsinger is an austrian musician and performer. Voglsinger is exploring sound on stage, in the studio and in the field, as well as improvising and composing activities for music, film, dance and theatre projects. He organizes Circuit Cooking soldering workshops with a focus on circuit bending, analog synthesizer & distortion circuits and piezo objects. Voglsinger performs with amplified objects, Super8 and 16mm projectors, drums and electronics. At Setzkasten Wien he organizes and curates regularly exhibitions and performances.

The project is hosted at the University of Vienna (Centre for Teacher Education and Cooperative Systems Research Group) and carried out in close collaboration with the Vienna University of Technology (Human Computer Interaction Group) as well as the Viennese school  G11 Geringergasse as partner for secondary school education. The project is funded by the Sparkling Science program of the Federal Ministry of Science, Research and Economy.

 

Contact

fares <dot> kayali <at> univie <dot> ac <dot> at